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Thüringen wählt Verbraucherschutz: 12 Forderungen zur Landtagswahl

Stand:
Unter dem Motto "Thüringen wählt Verbraucherschutz" hat die Verbraucherzentrale Thüringen 12 Forderungen aufgestellt. Sie richten sich an die Thüringer Abgeordneten, vor allem aber an die neue Regierung nach der Landtagswahl. Die Verbraucherzentrale setzt sich mit ihren Forderungen dafür ein, dass die Anliegen der Verbraucher:innen in der politischen Arbeit Gehör finden und umgesetzt werden.
Forderungen der Verbraucherzentrale zur Landtagswahl 2024 in Thüringen
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Die Verbraucherzentrale Thüringen macht sich stark für die Interessen von Verbraucher:innen. Sie ist Wächterin über den Markt, Expertin an der Seite der Ratsuchenden und starke Instanz gegenüber unlauter handelnden Unternehmen.

Die Verbraucherschützenden setzen sich dafür ein, dass Verbraucher:innen in Thüringen fair und ohne Ärger konsumieren und Verträge abschließen können. Die Sorgen und Nöte der Menschen adressiert die Verbraucherzentrale an die Politik. Zur Landtagswahl hat sie zwölf Forderungen formuliert. 

Die zwölf Forderungen richten sich an die Thüringer Abgeordneten, vor allem aber an die künftige Landesregierung. Sie sollen den Verbraucheralltag transparenter, einfacher und gerechter machen.

Gefordert wird auch ein langfristiges und verlässliches Mandat für Verbraucherzentrale. Denn nur mit diesem können die Verbraucherschützenden weiter an der Seite der Thüringer:innen stehen und die gerechte Teilhabe sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt verlässlich stärken.

 

Das fordern wir von der künftigen Landesregierung

(Unsere Forderungen als PDF finden Sie hier.)

1. Transparenz bei Energiepreisen schaffen

Thüringen hat einen hohen Fernwärme-Anschlussgrad. Dieser soll im Zuge der Wärmewende weiter steigen. Wer in Thüringen aktuell Fernwärme bezieht, steht Monopolanbietern mit hohen und intransparenten Preisen gegenüber. Auch die Strompreise in Thüringen gehören zu den höchsten in ganz Deutschland. Zwischen den Thüringer Grundversorgern gibt es zum Teil erhebliche Preisunterschiede. Wir fordern daher einen Thüringer Energiepreisatlas: Die Preise für Fernwärme, Strom und Gas in der Grundversorgung müssen aktuell, transparent und leicht verständlich auf einer für alle zugänglichen Internetseite dargestellt werden. Die Thüringer Landeskartellbehörde muss personell gestärkt werden, um Fehlentwicklungen auf dem Energiemarkt zu korrigieren. Eine neue Sektoruntersuchung der Landeskartellbehörde zu den Fernwärmepreisen soll als Grundlage für konkrete Missbrauchsprüfungen und eine wirksame Aufsicht dienen. Die Landesregierung soll sich auf Bundesebene für eine verbraucherfreundliche Novellierung der Versorgungsbedingungen für Fernwärme einsetzen.

2. Verbraucherrechte in der Energiewende stärken

Die Verbraucherzentrale unterstützt die Energiewende und setzt sich dafür ein, ihre Akzeptanz bei der Thüringer Bevölkerung zu fördern. Bei den Verbraucher:innen wirft die Energiewende nicht nur technische, sondern auch zahlreiche rechtliche Fragen auf. Neue Geschäftsmodelle wie Contracting oder Stromclouds sind rechtlich anspruchsvoll und erfordern spezifisches juristisches Fachwissen. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, die komplexen Feinheiten ihrer Verträge zu verstehen. Die Energierechtsberatung unterstützt sie dabei, gut informierte Entscheidungen zu treffen und ihre Rechte effektiv auszuüben. Dies stärkt die Position der Kund:innen gegenüber den Anbietern im Energiesektor und fördert einen fairen Wettbewerb – für einen verbraucherfreundlichen und transparenten Energiemarkt. Wir fordern eine Verstetigung und einen Ausbau der Energierechtsberatung.

3. Sparkassenprofil wieder schärfen und Sparkassenaufsicht stärken

Viele Sparkassen haben in den vergangenen Jahren ihren Kund:innen langfristige Prämiensparverträge gekündigt und zu niedrige Zinsen gezahlt. Es ist Aufgabe der Landes- und Kommunalpolitik, dafür Sorge zu tragen, dass die Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts ihrer originären Aufgabe aus § 2 ThürSpKG nachkommen, unter anderem den Sparsinn der Bürger:innen zu fördern. Dazu gehört auch die Fortführung der Prämiensparverträge und die korrekte Nachberechnung der Zinsen. Die Verbraucherzentrale fordert die Sparkassen auf, Verbraucherinnen und Verbraucher angemessen am steigenden Zinsniveau zu beteiligen und nicht etwa ausschließlich eigene Gewinnabsichten zu verfolgen. Verbraucherinteressen müssen insgesamt stärker in der Sparkassenaufsicht berücksichtigt werden. Sparer:innen sollten daher eine eigenständige Stimme im Verwaltungsrat erhalten.

4. Elementarschadenversicherung für alle Hauseigentümer

Überschwemmungen und andere Unwetterfolgen nehmen zu. Um gegen Schäden im Zuge des Klimawandels gewappnet zu sein, fordern wir eine gesetzliche Versicherungspflicht für Wohngebäudeeigentümer zur Elementarschadenversicherung in Thüringen. Denn Überschwemmungsschäden sind auch in Städten und Ortschaften möglich, die weit von einem Gewässer entfernt liegen. Der Bundesrat hat der Einführung einer solchen Pflichtversicherung 2023 zugestimmt. Damit soll verhindert werden, dass im Ernstfall der Steuerzahler für Schäden an Immobilien in gefährdeten Gebieten aufkommen muss. Mit einer Versicherungspflicht würde der Schutz für Hausbesitzer:innen insgesamt preiswerter, weil die konkreten Risiken breiter verteilt würden. Für einkommensschwache Haushalte ist eine staatliche Unterstützung denkbar.

5. Schnelles Internet weiter ausbauen

Die Verbraucherzentrale begrüßt die Fortschritte in Thüringen bei der Versorgung mit schnellem Internet. Doch noch immer gibt es Regionen, in denen nur 16 MBit pro Sekunde zur Verfügung stehen. Der DSL- und Glasfaserausbau muss daher kontinuierlich weiter vorangetrieben werden. Die Surfgeschwindigkeit sollte fortschreitend an die Bedürfnisse zukünftiger Internetnutzung angepasst werden. Denn ohne eine funktionierende Internetanbindung werden viele Thüringerinnen und Thüringer von der Nutzung gängiger Anwendungen abgeschnitten.

6. Verbraucherbildung als Schulfach etablieren

Wir begrüßen, dass in Thüringen das neue Unterrichtsfach „Medienbildung und Informatik“ eingeführt werden soll. Die Verbraucherzentrale sieht großen Nachholbedarf im Umgang mit Sozialen Medien, mit Onlineshopping und beim Erkennen unseriöser Anbieter im Netz. Auch das Thema Künstliche Intelligenz stellt eine immense Herausforderung dar. Darüber hinaus fordern wir eine verbesserte allgemeinbildende Verbraucherbildung in allen Schulformen, die junge Menschen fit für die Anforderungen des täglichen Konsumalltags macht - unterstützt durch die Expertise der Verbraucherzentrale.

7. Nahverkehr attraktiv und bezahlbar machen

Bus und Bahn sorgen dafür, dass Menschen ohne Auto am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Auch im Hinblick auf den Klimawandel ist ein kontinuierlicher Ausbau des Nahverkehrs notwendig. Insbesondere für den ländlichen Raum braucht es funktionierende Konzepte für einen verlässlichen Nahverkehr, die Bus und Bahn attraktiver machen. Wir brauchen eine langfristige Planungssicherheit für das Deutschlandticket. Dazu gehört eine Preisgarantie für dessen Kosten über einen längeren Zeitraum. Auch ein monatlicher Erwerb des Deutschlandtickets sollte im Sinne einer flexiblen Nutzung möglich sein. Dazu fordern wir ein Sozialticket für finanziell Benachteiligte sowie ein Familienticket, mit dem Kinder bis 14 Jahre kostenlos mitfahren können.

8. Strategische Marktbeobachtung und Rechtsdurchsetzung sichern

Immer wieder erleiden Menschen finanzielle Schäden durch rechtswidriges Verhalten von Unternehmen. Missbräuchliche Klauseln, irreführende Werbung und manipulative Vertragsabwicklungen werden rechtlich nicht ausreichend verfolgt. Wir sagen: Rechtsbruch darf sich für Unternehmen nicht lohnen. Ein wirksames Instrument, diesen zu bekämpfen, ist die Marktbeobachtung der Verbraucherzentrale. Verbraucherbeschwerden werden hier ausgewertet und Warnmeldungen oder Medieninformationen zu auffälligem Anbieterverhalten veröffentlicht. Im Bereich Rechtsdurchsetzung führt die Verbraucherzentrale Abmahnungen und Klagen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbs- oder AGB-Recht durch. Um auch in Zukunft viele Thüringer:innen bei Rechtsverstößen zu unterstützen und um den Markt von unzulässigem Anbieterverhalten zu bereinigen, müssen Rechtsdurchsetzung und Marktbeobachtung verlässlich gefördert werden.

9. Weniger Zucker, Fett und Salz für eine gesündere Ernährung

Um Salz, Zucker und Fett in verarbeiteten Lebensmitteln zu reduzieren, setzt der Gesetzgeber derzeit auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hersteller. Die Nationale Reduktionsstrategie greift jedoch zu kurz, ein Großteil der Fertigprodukte bleibt viel zu ungesund. Für einen langfristigen Erfolg ist es wichtig, dass sich alle Unternehmen am Prozess beteiligen. Besonders bei Lebensmitteln, die sich an Kinder und Jugendliche richten, ist der freiwillige Ansatz nicht zielführend. Untersuchungen zeigen, dass gerade diese Lebensmittel trotz Zuckerreduktion immer noch mehr Zucker enthalten als andere vergleichbare Lebensmittel. An Kinder gerichtete Werbung muss gesetzlich streng reguliert werden. Es sollten nur Lebensmittel an Kinder vermarktet werden dürfen, die den Nährwertkriterien der Weltgesundheitsorganisation entsprechen. Wir fordern außerdem, dass Kindern nur Werbung für ausgewogene Lebensmittel begegnen darf – sowohl in den Medien, als auch in unmittelbarer Nähe zu öffentlichen Kindereinrichtungen. Influencer-Werbung für ungesunde Produkte sollte ganz untersagt werden.

10. Gesundes Kita- und Schulessen fördern

Alle Kinder haben Anspruch auf ein gesundes und hochwertiges Mittagessen in Kita oder Schule. Dafür setzt sich die Vernetzungsstelle Schulverpflegung der Verbraucherzentrale ein. Gerade in Zeiten steigender Kosten darf die Teilnahme an der Mittagsverpflegung in Kita und Schule keine Frage des Geldes werden. Wir fordern daher eine angemessene Bezuschussung der Kita- und Schulverpflegung. Um die Qualität und Nutzung des Kita und Schulessens sicherzustellen, müssen die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben kontrolliert und vor allem in Schulen bauliche Voraussetzungen geschaffen werden. Deshalb fordern wir die Sicherstellung einer neutralen Kontrolle sowie eine kontinuierliche Förderung, damit in allen Schulen attraktive Speiseräume entstehen können.

11. Konsequent gegen Verpackungsärger vorgehen

Seit dem 1. Januar 2023 sind Gastronomiebetriebe ab einer bestimmten Größe verpflichtet, passende Mehrwegbehälter für Essen und Trinken zum Mitnehmen anzubieten. Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Thüringen unter hiesigen Gastronomen zeigt großen Nachholbedarf – sowohl beim Mehrwegangebot selbst, als auch bei der Pflicht der Gastronomen, deutlich auf dieses Angebot hinzuweisen. Die Betriebe müssen hier schnellstmöglich nachbessern. Zugleich müssen die zuständigen kommunalen Behörden die Einhaltung des Gesetzes besser kontrollieren und durchsetzen. Viele Verbraucher:innen beschweren sich außerdem über Mogelpackungen: Hersteller reduzieren die Füllmenge bei unveränderter Verpackungsgröße. Bei gleichbleibenden oder sogar steigenden Preisen wird so die Preiserhöhung verschleiert. Nur klare gesetzliche Vorgaben für maximal zulässige Lufträume je nach Verpackungs- und Produktart schieben den Tricksereien den Riegel vor und vermeiden überflüssigen Verpackungsmüll.

12. Verbraucherschutz für alle Menschen in Thüringen langfristig sichern

Ein funktionierender Verbraucherschutz muss alle Thüringerinnen und Thüringer in den Blick nehmen: Er beginnt bei den Schüler:innen, die wir mit Alltagswissen für eigenverantwortliche Konsumentscheidungen wappnen und die wir durch eine ausgewogene Schulverpflegung an eine gesunde Ernährung heranführen. Er richtet sich an Ratsuchende jeden Alters, die bei Vertragsärger in unseren zwölf Beratungsstellen thüringenweit individuelle Hilfe finden. Er unterstützt Menschen dabei, bis ins hohe Alter ein möglichst selbstbestimmtes, barrierefreies Leben zu führen – zu dem auch eine gesunde Ernährung, die Kenntnis ihrer Rechte und ein adäquates Pflegeangebot gehören. Dazu zählt auch eine wohnortnahe Pflege- und Patientenberatung. Unsere Arbeit hilft allen Verbraucher:innen in Thüringen: ob in der Stadt oder auf dem Land, ob in einkommensstarken oder sozial schwachen Haushalten, ganz gleich ob in Thüringen geboren oder mit Migrationshintergrund. Nur mit einer langfristigen, verlässlichen Förderung der Verbraucherzentrale ist ein starker Verbraucherschutz möglich, auf den sich alle Menschen in Thüringen verlassen können.

 

Besorgt dreinblickender Mann, der auf seine Kreditkarte schaut, während er mit seinem Mobiltelefon spricht.

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