Kundendienst darf nicht über teure 0180-Telefonnummer laufen

Stand:
Der Pay-TV-Anbieter Sky hat Kunden nur eine 0180-Nummer zum Kundendienst angeboten. So geht das nicht, urteilt der Landgericht München auf eine Klage der Verbraucherzentrale Bayern hin. Eine Nummer zum normalen Festnetz- oder Mobilfunktarif ist Pflicht.
Ein Mann telefoniert und macht ein verärgertes Gesicht

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bei Problemen nach dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung können Sie zum Kundendienst des Händlers Kontakt aufnehmen.
  • Telefonisch darf das nur die normalen Festnetz- oder Mobilfunkkosten verursachen. Anbieter sind mit 0180-Nummern vor Gericht gescheitert.
  • Fragen, die sich nicht auf einen geschlossenen Vertrag beziehen, können aber weiter teurer abgerechnet werden – zum Beispiel, wenn Sie Hilfe bei der Bedienung von Geräten brauchen.
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Ein telefonischer Kundendienst muss über eine Nummer zum normalen Festnetz- oder Mobilfunktarif erreichbar sein.

Das Landgericht München I hat dem Pay-TV-Anbieter Sky auf eine Klage der Verbraucherzentrale Bayern hin eine teurere 0180-Service-Nummer untersagt (Urteil vom 01.08.2018, Az. 37 O 15341/17). In einem ähnlichen Verfahren hatte im Jahr 2017 bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen einen Anbieter im Sinne der Kunden geurteilt und eine 0180-Nummer untersagt.

Für Sie als Käufer:in heißt das: Wollen Sie zum Beispiel online gekaufte Ware doch nicht oder ist ein Mangel aufgetreten, darf der Händler Sie für die Abwicklung am Telefon nicht teuer bezahlen lassen.

Die entsprechende EU-Richtlinie gilt für Kaufverträge, Dienstleistungsverträge und Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom, Fernwärme und digitalen Inhalten. Betroffen sind sowohl Online- als auch der stationäre Handel. Das deutsche Recht sieht mit § 312a Absatz 5 BGB vor, dass die Regelung aber nur für solche Verträge gilt, für die der Verbraucher etwas bezahlt.

Teure Anrufe könnten abschrecken

Wie diese EU-Richtlinie auszulegen ist, hat der EuGH in einem 2017 gefällten Urteil klar gemacht. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte den Anbieter comtech vor dem Landgericht Stuttgart auf Unterlassung dieser – ihrer Ansicht nach unlauteren – Geschäftspraxis verklagt. Ein Anruf aus dem deutschen Festnetz kostete bei comtech 0,14 Euro pro Minute und bis zu 0,42 Euro pro Minute aus einem Mobilfunknetz. Die Stuttgarter Richter schalteten dazu den EuGH ein, weil eine Richtlinie der EU zwar einen "Grundtarif" vorschreibt, aber nicht klar macht, was damit gemeint ist.

Wäre es dem Unternehmer gestattet, so der EuGH, höhere Tarife zu berechnen als den Tarif für einen gewöhnlichen Anruf, könnten die Verbraucher:innen davon abgehalten werden, die Service-Rufnummer zu nutzen, um Informationen zu einem Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte geltend zu machen.

Der Pay-TV-Anbieter Sky hatte eine mit 01806 beginnende Kundenservicehotline geschaltet und noch etwas mehr kassiert. Kunden mussten dort pauschal 20 Cent aus dem Festnetz und 60 Cent aus dem Mobilfunknetz zahlen. Die Richter urteilten, dass diese Kosten für eine Servicehotline zu hoch seien.

Für welche Anrufe die Kosten gedeckelt sind

Günstige Anrufe beim Kundendienst stehen Ihnen bei allen Fragen "im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag" zu. Das betrifft etwa Online-Käufe, die Sie binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen können. Dies betrifft auch Gewährleistungsfälle, wenn also die gelieferte Ware einen Mangel hat.

Teuer kann es dagegen nach wie vor werden, wenn es nicht um den Warenkauf an sich geht. Hilfe bei der Bedienung von Geräten zum Beispiel muss nicht zum normalen Telefontarif angeboten werden. Auch Hotlines für Neukunden (z. B. zur Info über angebotene Produkte und Dienstleistungen) dürfen die Unternehmen als kostenpflichtige Sonderrufnummern anbieten.

Überhaupt einen Kundendienst anzubieten, ist übrigens Pflicht - das müssen Händler aber nicht telefonisch tun, sondern können zum Beispiel auch einen Kontakt per E-Mail bieten. Gibt es aber einen telefonischen Kundendienst, ist eine teure Nummer weder im Online- noch im stationären Handel erlaubt.

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