Gerade nach der langen Zeit des Lock-Downs sehnen sich viele Menschen nach einem Tapetenwechsel und möchten gern Reisepläne schmieden. Doch dies ist in Corona-Zeiten eine Herausforderung. Wann uneingeschränktes Reisen wieder möglich sein wird, ist unklar.
Müssen gebuchte und bezahlte Reisen wegen Grenzschließungen, Reisewarnungen oder Übernachtungsverboten zu touristischen Zwecken in der Pandemie ausfallen, ist es für Betroffene erfahrungsgemäß schwierig, Erstattungen durchzusetzen.
Welche Rechte Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Reiseveranstaltern haben und worauf sie bei der Buchung achten sollten - auf Fragen wie diese antworteten Silvia Georgi und Ralf Reichertz von der Verbraucherzentrale Thüringen bei einem gemeinsamen Telefonforum mit der Funke Mediengruppe.
Hier lesen Sie die Fragen der Verbraucherinnen und Verbraucher
- Kann ich derzeit überhaupt einen Osterurlaub planen?
Derzeit gilt bis einschließlich Ende März ein Beherbergungsverbot für touristische Übernachtungen in Deutschland. Wie die Lage in einem Monat ist, lässt sich nicht vorhersagen. Wenn Sie eine Reise buchen wollen, achten Sie daher unbedingt darauf, dass Sie Ihre gebuchte Reise jederzeit kostenlos stornieren können.
- Wir haben über Ostern einen Städtetrip gebucht: drei Übernachtungen plus Musical-Besuch. Kriegen wir unser Geld zurück, wenn wir wegen Covid-19 nicht fahren können?
Greift zu diesem Zeitpunkt noch die Allgemeinverfügung, haben Sie einen Anspruch auf Rückerstattung Ihrer Kosten. Bei Ihrem Reisepaket handelt es sich um eine Pauschalreise. Eine solche liegt immer dann vor, wenn eine Reise mindestens zwei verschiedenen Arten von Leistungen umfasst – in Ihrem Fall Übernachtung und Musicalbesuch, eventuell noch die Fahrten. Sie können Ihr Geld zurückverlangen, wenn zur Reisezeit unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegt, wegen denen Sie Ihre Pauschalreise nicht antreten können. Dann hat der Reiseveranstalter 14 Tage nach der Stornierung Zeit, Ihnen den Reisepreis zu erstatten. Sie müssen sich weder auf einen Gutschein noch ggf. auf eine Gutschrift auf ihrem Kundenkonto einlassen.
- Ich habe im Januar einen Türkei-Urlaub für Anfang April gebucht und auch die Restzahlung schon geleistet. Jetzt würde ich doch lieber zurücktreten. Habe ich Chancen, mein Geld wiederzusehen?
Für die Türkei liegt derzeit noch eine Reisewarnung vor. Wir sind der Auffassung, dass Sie deshalb wegen außergewöhnlicher, unvermeidbarer Umstände von Ihrer Reise zurücktreten können. Ich rate Ihnen aber abzuwarten, ob der Veranstalter selbst die Reise storniert. Dann muss Ihnen der Reisepreis erstattet werden. Treten Sie selbst wegen außergewöhnlicher, unvermeidbarer Umstände zurück, müssen Sie mit Stornogebühren rechnen. Stornieren Sie keinesfalls früher als vier Wochen vor Reiseantritt.
- Für unseren Griechenland-Urlaub Ende April – eine Pauschalreise – wird die letzte Anzahlung fällig. Soll ich dennoch zahlen?
Für Griechenland gilt derzeit eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, die sich aber unter bestimmten Bedingungen ändern kann. Einreisende müssen sich vor Ort in eine siebentägige Quarantäne begeben. Dies ist unserer Ansicht nach unzumutbar und Sie könnten den Vertrag ohne Kosten stornieren. Warten Sie bis Anfang April ab, ob Griechenland seine Quarantäneregelung verlängert, und stornieren Sie dann ggf., indem Sie auf die Auswirkungen aufgrund von Covid-19 bzw. auf die unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände verweisen. Zahlen Sie die letzte Rate vorerst nicht. Schreiben Sie den Reiseveranstalter an, dass Sie Unsicherheitseinrede nach §321 BGB erheben. Begründen Sie dies damit, dass es unsicher ist, ob der Veranstalter nach Ihrer Vorleistung die Reise tatsächlich wie gebucht durchführen kann. Stornieren Sie erst, wenn die Einreisebestimmungen verlängert werden, frühestens jedoch vier Wochen vor Reiseantritt.
- Wir wollen für August mit der Familie nach Finnland fliegen. Um unsere Tickets sicher zu haben, sollten wir zügig buchen. Kann ich das derzeit riskieren?
Wenn Sie buchen, der Flug stattfindet, Sie aber damit rechnen müssen, unter Quarantäne gestellt zu werden, können Sie versuchen, den Flug zu stornieren. Es ist jedoch strittig, ob Sie die Kosten erstattet kriegen. Anders wäre es, wenn die Luftlinie selbst den Flug storniert.
- Ich möchte für Juni ein Ferienhaus in Deutschland buchen. Worauf muss ich achten?
Wenn Sie bei Ihrer Planung sichergehen und Verluste vermeiden wollen, buchen Sie besser spontan – ohne Vorauszahlung und mit einer klaren schriftlichen Regelung für den Fall eines Lock-Downs, eines Übernachtungsverbotes für Touristen oder einer Ausgangssperre. Bei der Verbraucherzentrale haben sich im vergangenen Jahr viele Betroffene beschwert, weil Ferienhausanbieter trotz geschlossener Grenzen bis zu 80 Prozent des gesamten Mietpreises verlangten. Durch klare Vereinbarungen lassen sich solche unerwarteten Kosten vermeiden. Nach unserer Ansicht haben die Vermieter keinen Anspruch auf Mietzahlung, wenn die Unterkünfte wegen einer Landesverordnung nicht genutzt werden können. Diese Ansicht sehen wir auch durch eine Gesetzesänderung im Dezember 2020 bestätigt.
- Ich würde im Sommer gern durch Portugal reisen – eigentlich als Individualreise. Jetzt habe ich gehört, ich sollte lieber auf Pauschalreisen setzen, um bei einem möglichen Reiseausfall besser abgesichert zu sein. Stimmt das?
Das ist richtig. Bei Pauschalreisen ist der Preis über eine Versicherung des Reiseveranstalters abgesichert. Dies muss das Unternehmen mit einem Sicherungsschein bei der Buchung nachweisen. Erst dann dürfen Veranstalter oder Reisebüros eine Anzahlung verlangen. Für Individualreisen gibt es diesen gesetzlichen Insolvenzschutz nicht. Wer nur einen Flug buchen will, tut das am besten direkt bei der Airline und zahlt per Kreditkarte oder per SEPA-Lastschrift. Eine Überweisung dagegen können Sie nicht rückgängig machen.
- Bei meiner Flugbuchung wurde mir eine Reiserücktrittsversicherung angeboten. Greift diese, wenn die Reise wegen Covid-19 storniert wird?
Nein. Bei einer Reiserücktrittsversicherung– egal ob für eine Flug- oder Pauschalreise – geht es um Fälle, in denen Sie selbst krank werden oder wegen Todesfällen in der Familie, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit oder aus ähnlichen Gründen nicht wie geplant reisen können. Sie greift nicht bei Krisen im Urlaubsland. Einige Versicherer geben an, dass Schäden, Erkrankungen und Tod infolge von Pandemien nicht versichert sind. Im Zweifel hilft ein Blick in die Bedingungen des Versicherungsvertrags.
- Wir haben im August einen Gutschein für eine wegen Covid-19 ausgefallene Reise bekommen. Haben wir einen Anspruch auf Auszahlung des Geldes?
Sie haben ab dem 1. Januar 2022 ein Recht auf Auszahlung des Geldes, wenn Sie Ihre ausgefallene Reise vor dem 8. März 2020 gebucht hatten. Sie müssen allerdings dafür sorgen, dass Ihr Gutschein an die geltenden Bedingungen der gesetzlichen Gutscheinlösung für Pauschalreisen angepasst wird. Der Veranstalter muss den Gutschein entsprechend anpassen.
- Ich hatte im vergangenen Sommer eine Pauschalreise gebucht, die wegen Covid-19 ausfiel. Seither weigert sich der Veranstalter, meine Anzahlung zu erstatten. Er argumentiert mit den Kosten, die ihm durch den Ausfall entstanden sind. Ist er im Recht?
Der Veranstalter ist nicht im Recht. Sie haben einen Anspruch auf die Erstattung Ihrer gesamten Kosten – strenggenommen innerhalb von 14 Tagen nach der Stornierung. Reagiert der Veranstalter nicht darauf, sollten Sie ihm mit einem gerichtlichen Mahnverfahren drohen.
- Einige Reiseveranstalter bieten bei der Buchung sogenannte Flex-Tarife an: Gegen einen Aufpreis versprechen sie eine kurzfristige Stornierung ohne die sonst üblichen Stornierungsgebühren. Soll ich mich darauf einlassen?
Hier unterscheiden sich die Konditionen der Reiseunternehmen. Beachten Sie unbedingt das Kleingedruckte bzw. die Reisebedingungen. Einige Veranstalter behalten den Aufschlag, in anderen Fällen bekommen Sie als Kunde diesen zurück. Auch die Höhe des Zuschlages ist unterschiedlich. Am besten Sie prüfen, in welchem Verhältnis Zuschlag und mögliche Stornogebühren stehen – und wie viel Ihnen die „Absicherung“ über einen Flex-Tarif wert ist. Prüfen Sie auch die Konditionen, unter denen Sie den Vertrag kündigen können.