Sibutramin ist ein seit 2010 weltweit verbotener Arzneistoff. Es findet sich häufig undeklariert in angeblich natürlichen Schlankheitsmitteln.
Das Wichtigste in Kürze:
- Vor allem in angeblich ganz natürlichen Schlankheitsmitteln - im Internet angeboten als Nahrungsergänzungsmittel - wird immer wieder das verbotene Sibutramin gefunden. In der Regel wird es nicht als Inhaltsstoff angegeben.
- Die Produkte können lebensgefährlich sein.
- Wenn Sie solche Produkte genommen haben, sollten Sie sich sicherheitshalber an Ihren Arzt wenden.
Was macht Sibutramin so gefährlich?
Der Arzneiwirkstoff Sibutramin wurde bis 2010 als Appetitzügler (Anorektikum) zur Reduktion von starkem Übergewicht (Adipositas) verwendet. Er war nur in einem einzigen, verschreibungspflichtigen Medikament in Europa zugelassen (Deutscher Markenname: REDUCTIL®). Wegen der erheblichen Risiken wird Sibutramin seit Januar 2010 weltweit offiziell nicht mehr verkauft, die Zulassung ruht.
Sibutramin kann sowohl den Blutdruck als auch die Herzfrequenz ("Herzrasen") erheblich erhöhen. Manche Menschen klagen zudem über Mundtrockenheit, Kopfschmerzen und Verstopfung. Selbst unter ärztlicher Kontrolle (als verschreibungspflichtiges Medikament) ist es weltweit zu mindestens 49 Todesfällen in Verbindung mit Sibutramin gekommen.
Außerdem gibt es international eine Reihe von Berichten über (reversible) Gedächtnisstörungen, beeinträchtigtes Erinnerungsvermögen, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit, Sprach- oder Sehstörungen und Migräneattacken.
Trotzdem finden Kontrolleure weltweit immer wieder Sibutramin in angeblich ganz natürlichen Nahrungsergänzungsmitteln zur Gewichtsreduktion, die übers Internet vertrieben werden. In der Regel geben sich die Produkte ein sehr natürliches Image wie "Pulver chinesischer Pflanzen", "all natural" o.ä. Besonders beliebt ist die Zugabe in Tees zur Gewichtsreduktion. Der Wirkstoff Sibutramin (oder auch Phenolphthalein bzw. Rimonabant) taucht in den Zutatenlisten nicht auf. Man spricht daher auch von gepanschten oder verfälschten Nahrungsergänzungsmitteln.
Besonders kritisch: Die illegal vertriebenen Internetprodukte enthalten oft deutlich mehr Sibutramin als früher in den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erlaubt war – das gesundheitliche Risiko ist daher besonders hoch. Unklar ist auch, inwieweit es problematische Wechselwirkungen mit den außerdem enthaltenen "natürlichen" Zutaten gibt.
Die Überwachungsbehörden in den USA und Europa warnen fast täglich vor neuen risikoreichen Nahrungsergänzungsmitteln (Supplements) aus dem Internet. Leider lässt das europäische Schnellwarnsystem RASFF zwar Rückschlüsse auf die Tätigkeit der Überwachungsbehörden zu, nennt aber im öffentlichen Teil keine Produktnamen.
Weitere häufig gefundene verbotene Arzneiwirkstoffe in Schlankheitsmitteln sind das krebserregende Phenolphthalein (früher als Abführmittel verwendet) und das Rimonabant. Für diesen appetitzügelnden Arzneiwirkstoff ruht die Zulassung - ebenfalls wegen schwerer Nebenwirkungen - bereits seit 2007.
Wie kann ich mich schützen?
- Besondere Vorsicht ist geboten, wenn es für ein angeblich 100 % natürliches Nahrungsergänzungsmittel (z.B. in Foren) viele Bewertungen gibt, die eine effektive Wirkung bestätigen. Dann liegt der Verdacht nahe, dass das Produkt unzulässige, nicht genannte Zutaten enthält.
- Eine Übersicht über gepanschte Nahrungsergänzungsmittel mit Produktnamen bietet das Online-Portal Gute Pillen, schlechte Pillen.
- Auch hier im Portal veröffentlichen wir entsprechende Warnungen sofern sie uns bekannt werden.
- Ein möglicherweise Sibutramin haltiges Nahrungsergänzungsmittel darf auf gar keinen Fall genommen werden bei nicht oder unzureichend eingestelltem Bluthochdruck, bei Magersucht, bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten aus der Gruppe der so genannten MAO-Hemmer (Antidepressiva) oder von Appetitzüglern.
- Wenn Sie ein solches Schlankheitsmittel aus dem Internet genommen haben und irgendeines der im Kasten beschriebenen Symptome bei sich bemerkt haben, sollten Sie das Produkt sofort absetzen und sich sicherheitshalber an Ihren Arzt wenden.
Quellen:
arznei-telegramm 33 (4): Sibutramin (Reductil) vom Markt. Zumindest in Italien. 2002, S. 42
European Medicins Agency (EMA): Fragen und Antworten zur Aussetzung der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln, die Sibutramin enthalten. Stand: 06.08.2010
European Medicines Agency: Sibutramine. (Stand: 15.10.2010)
arznei-telegramm 41 (2): Endlich: Appetithemmer Sibutramin (Reductil) vom Markt, 2010, S. 24
BfArM (2019): Sibutraminhaltige Arzneimittel: Umsetzung des Beschlusses der Europäischen Kommission zum Ruhen der Zulassung aufgrund eines erhöhten Risikos kardiovaskulärer Ereignisse, Stand: 04.10.19