Ob runzeliges Apfelbäckchen oder gewagt gekrümmte Gurke: Wer im Obst- und Gemüseregal zu den „zweiten Siegern“ der Güteklasse greift, hält in puncto Nährstoffe und Geschmack trotzdem den Hauptgewinn in den Händen. Die Verbraucherzentrale Thüringen rät Konsumenten, nicht immer nur perfekte Ware zu wählen – sondern auch Lebensmittel mit kleinen Fehlern eine Chance zu geben.
Viele Obst- und Gemüsesorten werden im Handel nach Klassen eingeteilt und verkauft. Ware der Klasse I erscheint dadurch hochwertiger als Ware der Klasse II. „Dem Verbraucher wird suggeriert, dass Ware der Klasse I besser sei als Ware der Klasse II. Dabei ist dem Verbraucher nicht bewusst, dass sich alle Normen nur auf äußerliche Qualitätsmerkmale beziehen. Inhaltsstoffe, Vitamingehalt oder umweltschonende Erzeugung werden dagegen nicht bewertet“, sagt Julia Müller, Fachberaterin Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Thüringen.
Tatsächlich handelt es sich bei der Klassifizierung um Vermarktungsnormen der Europäischen Union. Diese stellen Anforderungen an Beschaffenheit, Mindestreife, Optik und an die Kennzeichnung bestimmter Pflichtangaben im Handel. Die allgemeine Vermarktungsnorm etwa lässt nur Obst und Gemüse zum Kauf zu, das in einwandfreiem Zustand ist. Die Erzeugnisse müssen ganz und unbeschädigt, frisch und genügend reif sein.
„Viele der geforderten Eigenschaften sind wichtig, weil sie die Verbraucher schützen sollen. Beispielsweise müssen Obst und Gemüse praktisch frei von Schädlingen sein“, so Julia Müller.
Klasseneinteilung verwirrt und erzeugt Abfälle
Zusätzlich zur allgemeinen Norm gibt es für zehn Arten von Obst- und Gemüse spezielle Vermarktungsnormen, die eine Einteilung in die Klassen Extra, Klasse I und Klasse II und eine Größensortierung vorschreiben. Dazu gehören beispielsweise Äpfel, Tomaten und Gemüsepaprika. Während die Klasse Extra höchste Qualität in Form, Entwicklung und Färbung bedeutet, hat die Klasse I eine gute Qualität mit zulässigen leichten Fehlern. Produkte der Klasse II sind marktfähig, haben jedoch Fehler in Form und Farbe. Die Klassen müssen bei loser Ware auf einem Schild und bei verpackter Ware auf dem Etikett ausgewiesen werden.
Die Klassen sollen einerseits Qualität garantieren, andererseits werden sie häufig als Ursache für vermeidbare Abfälle diskutiert. „Erzeugnisse mit kleinen Macken können dadurch nicht mehr verkauft werden. Das führt den Verbraucher in die Irre“, sagt Julia Müller. Viele Lebensmittelhändler haben dieses Problem erkannt und bieten auch Obst und Gemüse mit kleinen optischen Fehlern an. Verbraucher sollten daher beim Einkaufen nicht immer nur zum perfekten Obst und Gemüse der Klasse I greifen, sondern auch den Vertretern mit kleinen Ecken und Kanten eine Chance geben. Die Verbraucherzentrale fordert außerdem, dass diese Waren zu einem attraktiven, fairen Preis und nicht zum gleichen Preis wie Ware der Klasse Extra oder Klasse I angeboten werden.
Fragen zu vielen weiteren Themen aus dem Bereich Lebensmittel und Ernährung beantworten die Experten der Verbraucherzentrale jeden Dienstag von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr kostenfrei unter Telefon (0361) 555 1427 oder nach einer Email an ernaehrung@vzth.de.
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