Wer Krankengeld bekommt, darf dennoch Urlaub in der EU machen

Stand:
Die Krankenkasse muss weiter Krankengeld zahlen, wenn Sie Urlaub im EU-Ausland machen. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel entschieden. Ein krankgeschriebener Gerüstbauer wollte nach Dänemark reisen und hat damit schließlich Recht bekommen.
Jemand liegt mit einem Bein im Gips am Strand und liest ein Buch.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Wer als Arbeitnehmer:in länger krank ist, bekommt in der Regel nach sechs Wochen Krankengeld von der Krankenkasse statt Geld von Arbeitgeber:innen.
  • Dann gibt es zwar bestimmte Auflagen – aber einen Urlaub, auch im EU-Ausland, darf die Krankenkasse nicht einfach verbieten. So urteilte das Bundessozialgericht. Krankenkassen müssen einem Aufenthalt im EU-Ausland zustimmen, wenn kein Missbrauch von Leistungen vorliegt.
  • Ein krankgeschriebener Gerüstbauer wollte fünf Tage Urlaub in Dänemark machen. Die Krankenkasse hatte die Reise nicht genehmigt, ist damit aber vor Gericht letztlich gescheitert.
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Podcast: Das Wichtigste zum Nachhören

Wer mehr als 6 Wochen krank ist, erhält Geld von der Krankenkasse. Doch das passiert nicht von alleine. In dieser Folge schauen wir auf das Krankengeld und finden heraus, worauf man achten muss, wie viel Geld man erhält und was passiert, wenn es zum Streit mit der Krankenkasse kommt.

Der Podcast ist im Rahmen eines vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz geförderten Projekts entstanden.

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Wer als angestellte Person mehr als sechs Wochen krank ist, darf dennoch Urlaub im EU-Ausland machen und weiter sein Krankengeld bekommen: Das hat das Bundessozialgericht nun im Fall eines Gerüstbauers geurteilt (Urteil vom 4. Juni 2019, Az.: B 3 KR 23/18 R). Die Krankenkasse darf bei einem Urlaub ins Ausland nicht einfach die Zahlung einstellen.

Der Kläger war über mehrere Wochen wegen Rückenschmerzen krankgeschrieben. Seinen Urlaub nach Dänemark hat er bei seiner Krankenkasse beantragt und sich damit an die Vorschriften gehalten. Auch seine behandelnde Ärztin sah in der Reise kein Problem. Die Krankenkasse wollte die Fahrt aber nicht genehmigen. Sie vermutete, anders als die Ärztin, dass sich die Schmerzen durch die Reise verschlimmern könnten.

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil nun einige für Arbeitnehmer wichtige Punkte festgestellt:

  1. Eine Krankenkasse kann einen Auslandsaufenthalt nicht verweigern, weil sie Auswirkungen auf den Gesundheitszustand vermutet.
  2. Die Krankenkasse muss auch dann Krankengeld zahlen, wenn Sie sich im EU-Ausland aufhalten. Der Hintergrund: In einem Mitgliedstaat der EU gilt die europäische Regelung zum so genannten Geldleistungsexport. Außerhalb der EU gilt das jedoch nicht. Sind Sie krankgeschrieben und machen sich auf eine Fernreise, kann die Krankenkasse ihre Zahlungen einstellen.
  3. Wer länger als sechs Wochen krank und damit arbeitsunfähig ist, muss einen Aufenthalt im Ausland dennoch vorher bei der Krankenkasse beantragen. Lassen Sie sich dafür am besten per ärztlichem Attest bescheinigen, dass Sie für die Dauer des Aufenthalts arbeitsunfähig sind und aus ärztlicher Sicht nichts gegen die Reise spricht.
  4. Holen Sie auf jeden Fall bei Arbeitsunfähigkeit die Genehmigung für den EU-Urlaub ein. Tun Sie das nicht, kann es sein, dass Sie mindestens für die Zeit im Ausland kein Krankengeld bekommen.
  5. Fordert Sie die Krankenkasse zu einer ärztlichen Untersuchung oder einer Behandlung auf, sollten Sie sich daran halten und hingehen. Ignorieren Sie solche Forderungen der Krankenkasse nach einer Mitwirkung, kann es tatsächlich Probleme mit dem Krankengeld geben.

    Weitere Infos zu Krankenkassen

    • Falls Ihre Krankenkasse einen Antrag ablehnt, gilt es richtig zu reagieren und Fristen einzuhalten. Die wichtigen Punkte haben wir hier zusammengestellt.
    • Wer sich im Ausland ärztlich behandeln behandeln lassen möchte, sollte Vorschriften der Krankenkasse beachten.
    • Möchten Sie Ihre gesetzliche Krankenkasse wechseln, dauert das in der Regel zwei bis drei Monate und geht ohne großen Aufwand.

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